Papst
„Wir sind Papst“, so lauteten Schlagzeilen aus Begeisterung für den deutschstämmigen Josef Kardinal Ratzinger, Papst Benedikt XVI.
„Wir sind Papst,“ das können evangelische Christen in jedem Fall behaupten. Denn nach reformatorischer Lehre sind alle Christen Papst. „Wer aus der Taufe gekrochen ist“, meint Martin Luther, gilt gleich viel wie ein Priester oder Papst. Der Reformator kämpft zu seiner Zeit gegen ein verkommenes Papsttum; daher seine polemischen Äußerungen gegen den Papst als Antichrist. Und er kämpft für einen unvermittelten Zugang zum Glauben und zu Gott.
Im Zeitalter der Ökumene ist lutherische Papst-Polemik längst nicht mehr angemessen. Doch in der Ämter- und Papstfrage bleiben Unterschiede bestehen. Die Evangelischen Kirchen setzen mit Luther auf das „Priestertum aller Gläubigen“. Das heißt: Pfarrerinnen, Pfarrer oder Pröpste, auch Bischöfe oder Kirchenpräsidenten haben wohl unterschiedliche Ämter und Aufgaben. Doch selbst Bischöfe sollen in Glaubensfragen nicht mehr und nicht weniger zu entscheiden haben wie jeder Christ in der Gemeinde. Die Landeskirchen werden demnach gemeinsam mit den „Laien“ geleitet. Der Ratsvorsitzende der EKD ist kein evangelischer Papst; das sind nur alle evangelischen Christen zusammen.
Nach katholischem Glauben sieht das anders aus: Der Papst, als Bischof von Rom soll – laut alter kirchlicher Glaubenssätze - die volle und höchste Leitungsgewalt in der Kirche erhalten.
Er wird als der Nachfolger des Apostels Petrus angesehen. Jesus gibt im Johannesevangelium Petrus den Auftrag "Weide meine Schafe". Der Papst gilt damit als Stellvertreter Christi und als Hirte der Gesamtkirche auf der Erde. Darum müssen nach konservativ ausgelegter katholischer Lehre evangelische Christen in die Mutterkirche zurückkehren und den Papst anerkennen, so sie als „Kirche“ gelten wollen. Dieses katholische Ämter – und Selbstverständnis führt immer wieder zu Misstönen in der Ökumene. Doch das Gespräch geht weiter ...